Wie ist die Lage bei Hamburg Leuchtfeuer?
SeitenWechsel bietet Perspektivwechsel und Einblicke in Lebenswelten, mit denen unsere Teilnehmer/innen sonst wenig Berührung haben. Diese Einblicke möchten wir auch jetzt, während der Corona-Pandemie, bieten, wenn unsere Arbeit nicht durchführbar ist wie sonst.
Wir haben Steffi Severs, Sozialpädagogin bei Hamburg Leuchtfeuer gemeinnützige GmbH gefragt, wie es den Kolleginnen und Kollegen, den Klientinnen und Klienten in ihrer Einrichtung geht.
SeitenWechsel: Wie sieht die Lage bei Ihnen aus?
Steffi Severs: Die ohnehin sehr besondere Situation des Abschiednehmens und der Trauer in einem Hospiz für Bewohner*innen und ihre Angehörigen hat sich durch die aktuelle Situation noch einmal deutlich verändert. Wir als Team des Hamburg Leuchtfeuer Hospizes betreiben den Spagat, einerseits die angemessenen Besuchsregelungen im gesetzlichen Rahmen umzusetzen und andererseits der besonderen Lebenssituation in einem Hospiz Rechnung zu tragen. Das heißt für uns im Moment ganz konkret, dass unsere Bewohner*innen für gewöhnlich nur eine*n Besucher*in pro Tag für eine Stunde empfangen können. Alle Mitarbeiter*innen und Besucher*innen tragen einen Mundschutz, was für den zwischenmenschlichen Kontakt ungewohnt ist. In emotionalen Situationen, in denen Worte nicht immer passend sind, gewinnen Mimik und Gestik für gewöhnlich an Bedeutung – diese nonverbale Kommunikation wird nun erschwert.
Auch bei Spaziergängen außerhalb des Hospizes muss auf die gesetzlichen Bestimmungen geachtet werden. Wir, die Wunscherfüllung als hohes Gut in unserer Arbeit ansehen, sind aktuell damit konfrontiert, nun auch verstärkt Regeln aufzustellen, anzupassen, zu kommunizieren und durchzusetzen.
Des Weiteren verzichten wir zurzeit auf viele uns sonst sehr wichtige Ressourcen. Unsere Ehrenamtlichen können uns aufgrund der Zugangsbeschränkungen im Hospiz leider nicht in gewohnter Art und Weise unterstützen. Therapeut*innen arbeiten nur noch in medizinisch indizierten Fällen und unter den vorgeschriebenen hygienischen Maßnahmen. Ärzt*innen führen zum Teil Tele-Visiten mit technischen Hilfsmitteln durch.
SeitenWechsel: Wie können die Menschen Sie als Einrichtung unterstützen?
Steffi Severs: Die Corona-Pandemie bedeutet auch für uns eine zeitliche und finanzielle Mehrbelastung. Daher sind wir auch und gerade in dieser Zeit auf Spenden angewiesen, um das gewohnt hohe Pflege- und Betreuungsniveau zu halten. Menschen, die kaum oder keine finanziellen Mittel entbehren können, können uns außerdem mit Sachspenden unterstützen oder indem sie den Bewohner*innen Briefe schreiben, Bilder malen oder auf sonstige Weise zeigen „Ich denke an Dich“.
Gesamtgesellschaftlich ist es jetzt wichtig, trotz schönen Wetters und ersten Lockerungen weiterhin die gesetzlichen Regelungen in Bezug auf den sozialen Raum einzuhalten. Händehygiene, Nies- und Hustenetikette und Abstandhalten seien hier als wichtige Faktoren genannt. Dies hilft, die Übertragungsrate zu verlangsamen und das Gesundheitssystem zu entlasten. Das ist gelebte Solidarität.
SeitenWechsel: Welche guten Seiten hat die Situation im Moment? Was könnte positives daraus entstehen?
Steffi Severs: Diese Krise stärkt den Zusammenhalt im Team. Professionsübergreifend helfen wir uns in den einzelnen Bereichen. Da sind zum Beispiel Mitarbeiter*innen, die für Extraaufgaben wie die Abendbrotdienste einspringen oder die die Extradesinfektionsrundgänge im Haus durchführen. Die große Aufgabe, die Stimmung „hochzuhalten“, gelingt gut, auch wenn sich immer wieder neue Herausforderungen ergeben. Wir finden hier stets kreative Lösungen: Ehrenamtliche nähen uns Mundschutze oder sind bei ihren Apotheken gewesen, um nach Desinfektionsmitteln für uns zu fragen. Unsere Musiktherapeutin bietet regelmäßig kleine Freiluftkonzerte an: Sie kommt mit ihrer Gitarre und einem Verstärker auf unsere Auffahrt und spielt Frühlingslieder und erfüllt weitere musikalische Wünsche. Die Bewohner*innen sitzen im gebotenen Abstand voneinander auf dem Gehweg oder hören am geöffneten Fenster zu. Auch die Nachbarschaft freut sich über solch eine Abwechslung.