(Emotionales) Erfahrungslernen – was SeitenWechsel so besonders macht
Wie der Name schon sagt, bedeutet Erfahrungslernen, aus Erfahrung zu lernen. Die Theorie wurde von dem Psychologen David Kolb vorgeschlagen, der von der Arbeit anderer Theoretiker wie John Dewey, Kurt Lewin und Jean Piaget beeinflusst wurde. Ausgangspunkt seiner Arbeit war seine Unzufriedenheit mit den traditionellen Lehrmethoden für angehende Manager.
Erfahrungslernen beschreibt ein didaktisches Modell, das auf der Annahme basiert, dass erst eine unmittelbare, praktische Auseinandersetzung mit einem Lerngegenstand einem Individuum effektives, sinnstiftendes Lernen ermöglicht.
Übertragen auf die Zielsetzung, Empathie und emotionale Kompetenz bei Führungskräften auszubauen, setzt dieser Ansatz also einen Ort voraus, an dem ich diese Eigenschaften – nebst ihrer aktuellen qualitativen Ausprägung in mir selbst – im konkreten Einsatz erleben kann. Dazu braucht es zwangsläufig ein Gegenüber, das mit mir ein Spannungsverhältnis eingeht, in dem diese Qualität eine zentrale Bedeutung hat. Schwer vorstellbar, am Computer diese Felder zu simulieren und zu erwarten, dass emotional wirklich etwas in Bewegung kommt. Denn dazu braucht es für uns Menschen einfach ein echtes lebendiges Wesen, mit dem ich in Kommunikation und Interaktion treten kann.
Lernen setzt in diesem Modell eine konkrete Erfahrung mit Echtcharakter, außerhalb künstlich geschaffener Lernumgebungen, wie in Bildungseinrichtungen vorherrschen, voraus, sodass der Lernende als Handelnder im Mittelpunkt steht.
Der Lernende, in diesem Fall die Führungskraft im SeitenWechsel, macht in unmittelbarer Begegnung mit Menschen, denen sie unter normalen Umständen, wenn nicht aus dem Weg gehen, so doch zumindest nicht aktiv begegnen würde, neue Erfahrungen. Es ergibt sich mithin ein Lernfeld jenseits der Komfortzone, in dem altbekannte Sortierungs- und Verortungsinstrumente kaum bis gar keinen Wert haben. Die Kompetenz, im Zwischenmenschlichen auf eine authentische und echte Weise in Kontakt zu treten, Verbindung aufzubauen und Vertrauen zu schaffen, steht dabei im absoluten Vordergrund. Wie ein Muskel kann diese Kompetenz in einer solchen Begegnung über vorherige Grenzen hinaus gefordert werden. Etwaige Muskelkater werden dann im Rahmen von komprimierten Supervisionshappen im jeweiligen Team bearbeitet, bevor es rasch in die nächste unplanbare Situation geht.
Denn: "Erfahrung ist ein ausgezeichneter Lehrer, aber dessen Honorare sind hoch." – Corrie ten Boom
Das emotionale Erfahrungslernen im Rahmen des SeitenWechsels kann als Prozess beschrieben werden: durch Transformation, unter anderem am Transfertag, von Erfahrung in der SeitenWechsel-Woche entsteht Wissen, in diesem Fall der Ausbau sozial-emotionaler Kompetenz. Insofern verfolgt SeitenWechsel einen ganzheitlichen Ansatz und betont, wie Erfahrungen, einschließlich Kognition, Umweltfaktoren und Emotionen, den Lernprozess beeinflussen.
In den Schutzräumen der sozialen Partnerinstitutionen unseres Netzwerks ermöglichen wir Führungskräften einzigartige Erfahrungen, die sie nutzen, um, unter anderem, ihre Berühr- und Nahbarkeit zu trainieren. Sie können dadurch in dem Sinne noch “bessere“ Führungskräfte werden, als dass sie lernen, mit einem dem traditionellen Verständnis von Führung möglicherweise widersprechenden Nicht-Wissen auf der einen, der zunehmenden Selbstführung und -verantwortung der Mitarbeitenden auf der anderen Seite emotional kompetent und Grenzen wahrend umzugehen. So können sie ihre Organisation (mit) in eine erfolgreiche Zukunft führen.
Oliver Hirsch