Wie ist die Lage im Wichernhaus des Vereins für Innere Mission?
SeitenWechsel bietet Perspektivwechsel und Einblicke in Lebenswelten, mit denen unsere Teilnehmer/innen sonst wenig Berührung haben. Diese Einblicke möchten wir auch jetzt, während der Corona-Pandemie, bieten, wenn unsere Arbeit nicht durchführbar ist wie sonst.
Wir haben Heike Dietzmann, Bereichsleitung für Menschen mit einer psychischen Erkrankung im Verein für Innere Mission Bremen gefragt, wie es den Kolleginnen und Kollegen, den Klientinnen und Klienten in ihrer Einrichtung geht.
Im Wichernhaus erhalten erwachsene Menschen mit psychischer Erkrankung unterschiedliche Möglichkeiten zur Begegnung und Tagesstrukturierung. Der Frauenraum EigenArt möchte Frauen mit Psychiatrie-Erfahrung die Möglichkeit geben, aus Zurückgezogenheit und Isolation auszubrechen und Selbstvertrauen zu erlangen. Das Projekt MitArbeit berät und begleitet Menschen mit geistigen oder seelischen Beeinträchtigungen auf dem Weg ins Arbeitsleben.
SeitenWechsel: Wie sieht die Lage bei Ihnen aus?
Heike Dietzmann: Die Tagesstätte Wichernhaus ist seit dem 16. März 2020 offiziell geschlossen. Seitdem haben wir unsere normalen Öffnungszeiten zu täglichen Sprechzeiten gemacht, in denen wir für die Nutzer*innen der Einrichtung telefonisch oder auch persönlich erreichbar sind. Es hängen unsere Nummer, Diensthandynummer und Seelsorgenummer an der Eingangstür, damit die Besucher*innen auch während der Schließung Entlastungsgespräche führen können. Unser Alltagsgeschehen wurde von einer Durchschnittszahl von 50 Besuchern am Tag auf vereinbarte Einzelkontakte beschränkt. Die geplanten Projekte, Ausflüge und Kooperationen wurden für die nächsten Monate aufgeschoben, dennoch nicht aufgehoben. Insgesamt verteilt sich die Zeit jetzt anders. Es ist im Haus ruhiger geworden, wodurch wir Mitarbeitenden Zeit haben für die Planung weiterer Projekte, Umbaumaßnahmen und die Vernetzung mit den anderen Teams. Aber es benötigt auch Kraft und Zeit für die Einzelgespräche bzw. Einzelaußenaktivitäten. Wir treffen uns zum Spaziergang außerhalb der Einrichtung. Aktuell sind wir außerdem dabei, eine virtuelle Möglichkeit zu schaffen, dass die Besucher*innen sich untereinander im Chatroom vernetzen können.
SeitenWechsel: Wie können die Menschen Sie als Einrichtung unterstützen?
Heike Dietzmann: Wir als Einrichtung wünschen uns, dass unsere Besucher*innen weiterhin stabil bleiben und ausreichend mit psychiatrischer Unterstützung, wie z.B. Krisendiensten und Seelsorge, versorgt werden. Da in diesen Zeiten aber vor allem das psychische Wohlergehen wichtig ist, hoffen wir auf ein solidarisches Miteinander, sodass alle Menschen entsprechend mit allem ausgestattet sind. Ein rücksichtsvoller, verständnisvoller Umgang ist hier besonders wichtig: Zu Hause bleiben und wenn wir raus gehen, auf unsere Mitmenschen und uns selber aufpassen.
Aktuell können Sie gern an uns denken und aufmerksam in Ihrer Umgebung sein, wo vielleicht Mitmenschen ein offenes Ohr oder aktive Unterstützung benötigen.
SeitenWechsel: Welche guten Seiten hat die Situation im Moment? Was könnte positives daraus entstehen?
Heike Dietzmann: Es ist schön zu sehen, dass sich unsere Besucher*innen in dieser Zeit gegenseitig unterstützen und sich von der Situation nicht unter kriegen lassen. Zudem haben wir mehr Zeit, uns auf die Einzelkontakte zu fokussieren. Insgesamt bekommen es viele unserer Besucher*innen gut hin und wir hoffen, es bleibt auch so.
Das Positive, was jeder von uns am eigenen Leibe erfährt: Wertschätzung alltäglicher Dinge und vor allem der menschlichen Kontakte. Die Erfahrung, die wir dadurch gewinnen, wird uns auch nach der Epidemie begleiten.