Wie ist die Lage in der VA 23 der JVA Bremen?
SeitenWechsel bietet Perspektivwechsel und Einblicke in Lebenswelten, mit denen unsere Teilnehmer/innen sonst wenig Berührung haben. Diese Einblicke möchten wir auch jetzt, während der Corona-Pandemie, bieten, wenn unsere Arbeit nicht durchführbar ist wie sonst.
Wir haben Alexa Freter, Psychologierätin im Justizvollzugsdienst in der Vollzugsabteilung 23 – Abteilung für besondere Betreuung und Behandlung der JVA Bremen gefragt, wie es den Kolleginnen und Kollegen, den Klientinnen und Klienten in ihrer Einrichtung geht.
SeitenWechsel: Wie sieht die Lage bei Ihnen aus?
Alexa Freter: Wir sind bemüht, die Maßgaben der Bundesregierung umzusetzen und gleichzeitig weitestgehend für Normalität zu sorgen und den Tagesablauf innerhalb der Justizvollzugsanstalt so gut wie möglich aufrechtzuerhalten.
Leider mussten wir Besuche für die Insassen bis auf Weiteres aussetzen; bislang reagieren die Gefangenen mehrheitlich verständnisvoll auf die Einschränkungen. Für sie scheint die aktuelle Situation noch sehr abstrakt und nicht wirklich greifbar zu sein; schließlich findet diese Krise für sie hauptsächlich in den Medien bzw. durch Erzählungen statt. Einige der Insassen wenden sich zwar besorgt mit vielen Fragen an das Personal, der Großteil jedoch verhält sich bislang noch recht unbefangen.
Für uns als Personal ist es in diesen Zeiten nicht nur innerhalb der Mauern, sondern vor allem auch außerhalb von besonderer Bedeutsamkeit auf uns und unsere Gesundheit zu achten. Wir müssen nicht nur dafür Sorge tragen, das Virus nicht in den geschlossenen Mikrokosmos JVA zu tragen, sondern auch dafür, weiterhin gesund zu bleiben und unseren Dienst verrichten zu können. Die Schließung eines Gefängnisses wegen Personalnot ist schließlich keine Option.
SeitenWechsel: Wie können die Menschen Sie als Einrichtung unterstützen?
Alexa Freter: Jede und jeder Einzelne sollte in diesen Zeiten Verantwortung übernehmen und die Sicherheitsmaßnahmen ernsthaft befolgen, denn wir alle tragen dazu bei, die Ausbreitung der Pandemie zu verlangsamen. Nur wenn uns das gelingt, kann der Betrieb relevanter Systeme des öffentlichen Dienstes, des Gesundheits- und des Sozialwesens aufrechterhalten werden.
Im Moment ist jede und jeder Einzelne von uns im Besonderen gefragt, seinen Teil für das Wohl aller beizutragen. Somit sind wir auf die Mitarbeit und Verantwortungsübernahme jeder und jedes Einzelnen angewiesen, um gesund zu bleiben und auch weiterhin Tag für Tag unserem Dienst nachgehen zu können und uns um die Menschen in unserer Obhut bestmöglich kümmern zu können.
SeitenWechsel: Welche guten Seiten hat die Situation im Moment? Oder was könnte positives daraus entstehen?
Alexa Freter: Die Welt entschleunigt gerade und im Idealfall geschieht eine Rückbesinnung auf Werte wie Gemeinsinn, Solidarität und Hilfsbereitschaft. Eine solche Krise birgt die Möglichkeit, sich als Gesellschaft zu definieren und neu aufzustellen: wer wollen wir sein und wie wollen wir miteinander sein. Hoffen wir, dass die Optimisten Recht behalten, wenn sie sagen, dass dies der Weg in eine neue, bessere und humanere Welt sein kann.