Wie ist die Lage im Wohnheim Wilmersdorf des Unionhilfswerks?
SeitenWechsel bietet Perspektivwechsel und Einblicke in Lebenswelten, mit denen unsere Teilnehmer/innen sonst wenig Berührung haben. Diese Einblicke möchten wir auch jetzt, während der Corona-Pandemie, bieten, wenn unsere Arbeit nicht durchführbar ist wie sonst.
Wir haben Susanne Buchholz, Einrichtungsleiterin im Wohnheim Wilmersdorf der Unionhilfswerk Sozialeinrichtungen gemeinnützige GmbH gefragt, wie es den Kolleginnen und Kollegen, den Klientinnen und Klienten in ihrer Einrichtung geht. Im Wohnheim Wilmersdorf werden erwachsene Menschen mit geistigen Behinderungen und zum Teil weiteren Beeinträchtigungen in ihrem täglichen Leben unterstützt.
SeitenWechsel: Wie sieht die Lage bei Ihnen aus?
Susanne Buchholz: Unsere Bewohner gehen nicht mehr in die Werkstatt und sind im Haus. Viele verstehen nicht, warum sie nicht arbeiten gehen sollen und sind unruhiger und streiten sich öfter. Da sonst bis zum Nachmittag nur die Rentner in Wohnheim sind, werden jetzt alle rund um die Uhr betreut, das heißt, es ist mehr Kreativität gefragt, damit Beschäftigung gewährleistet ist und auch Ablenkung. Wir müssen viel erklären: die Nachrichten, was ist zum Beispiel ein Virus, wie wäscht man gründlich die Hände…
SeitenWechsel: Wie können die Menschen Sie als Einrichtung unterstützen?
Susanne Buchholz: In den Medien ist viel die Rede von Alten- und Pflegewohnheimen. Die Behindertenhilfe, insbesondere 24 Stunden-Wohnangebote, haben derzeit ebensolche Probleme: erhöhte Arbeitsbelastung, kaum Ausstattung mit Schutzkleidung etc. Dazu haben die meisten unserer Bewohner Vorerkrankungen und zusätzliche Behinderungen und chronische Erkrankungen, gehören also auch zur Risikogruppe.
Wir wünschen uns mehr Anerkennung für die Arbeit in dem Bereich, gesamtgesellschaftlich auch eine bessere Entlohnung. Und jeder Einzelne kann durch freiwilliges Engagement etwas tun.
SeitenWechsel: Welche guten Seiten hat die Situation im Moment? Was könnte positives daraus entstehen?
Susanne Buchholz: Die derzeitigen Einschränkungen führen auch zu kreativen Ideen. So werden wir mit Bewohnern nähen (natürlich Mundschutz). Viele sind jetzt motiviert, mehr Medien zu nutzen und die Bedienung zu lernen, damit man mit den Angehörigen kommunizieren kann. Es entstehen kleine Filme und wir lernen neue Ressourcen kennen, nicht nur bei den Bewohnern, auch bei den Mitarbeitern, wer kann zum Beispiel nähen oder Haare schneiden…